Amerika, Costa Rica, Tamarindo
„Improvisation ist das Wichtigste“, sagt Saúl, dann streicht er mit einem breiten Pinsel über die krümelige Oberfläche, bis sie glatt ist. Der dicke Schwanz seiner Tierskulptur wirft einen kühlenden Schatten auf die Beine des jungen Mannes – die Sonne brennt. Neben ihm liegt vermeintlicher Müll: Plastiklöffel, Muscheln und Papierfetzen. Sie werden zu Augen, Schuppen und scharfen Krokodilszähnen.
Seit vier Jahren reist der Tico bereits durch sein Geburtsland. Bescheiden übernachtet er in einem kleinen Zelt direkt neben den Skulpturen. Seit drei Tagen arbeitet er nun in Tamarindo in der Provinz Guanacaste. Morgen wird er weiter den Strand entlang spazieren, bis er eine Stelle findet, an der er sein kleines Lager aufstellen und auf ein Neues von morgens bis abends im Sand graben kann.
Schätze hat er noch keine gefunden, aber mit der Zeit konnte er sehr viel über sich selbst lernen: „Ich brauche meine Freiheit! Ich bin nicht wie meine beiden Schwestern, die immer an einem Ort bleiben.“ Mit einem Holzstäbchen zeichnet er feine Linien auf den Rücken des Tieres. Den Touristen gefallen seine Arbeiten – und damit auch den Hotelbesitzern. Manchmal versorgen sie ihn mit Nahrungsmitteln und bringen ihm ein Casado, das Nationalgericht des Landes.
„An manchen Tagen verdiene ich viel Geld, an manchen nichts. Trotzdem reicht es mir zum Überleben. Ich habe alles, was ich brauche!“